Nutzen und Notwendigkeit
Haben die Tierversuche an den Max-Planck-Instituten einen unmittelbaren Nutzen für den Menschen?
Die Max-Planck-Gesellschaft – und das gilt auch für das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik – hat sich der Grundlagenforschung verschrieben. Das bedeutet, dass Wissenschaftler nicht unmittelbar nach neuen Therapieansätzen suchen. Vielmehr streben sie danach, die Erkenntnisse über die komplexen Prozesse des Lebens ständig zu erweitern. Ein besseres Verständnis des Gehirns und seiner Funktionsweisen hat mittel- bis langfristig auch Auswirkungen auf medizinische Anwendungen.
Zebrabärblingen sehen die Forschenden beim Denken zu, indem sie das Aufleuchten einzelner Gehirnzellen beobachten. Und gleich mehrere Arbeitsgruppen entwickeln Methoden, um die Signalverarbeitung im Gehirn in Echtzeit in einem Magnetresonanztomografen (MRT) zu verfolgen. Das Wissen darüber, wie das gesunde Gehirn funktioniert, trägt letztlich auch zum Verständnis bei, was etwa bei Alzheimer, Parkinson oder psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Schizophrenie schiefläuft.
Kann man Tierversuche nicht ersetzen?
Viele biomedizinische Vorgänge lassen sich zunächst ohne Tierexperimente untersuchen, etwa mit Hilfe von Zellkulturen oder Computermodellen. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich zudem dazu verpflichtet, Alternativen zum Tierversuch zu fördern. Wissenschaftler entwickeln dazu verschiedene Verfahren, wie künstliche Gewebe und Organe.
Doch um einzuordnen, welche Bedeutung die Untersuchungsergebnisse aus Kulturschale und Computer für den Körper haben, sind Experimente mit lebenden Organismen unvermeidbar. Schließlich läuft in Körpergeweben, Organen und im gesamten Körper eine Vielzahl verschiedener dynamischer Prozesse ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Experimente in der Kulturschale können dieses komplexe Miteinander bislang nicht ausreichend nachbilden.
Sind Ergebnisse aus Tierversuchen überhaupt aussagekräftig für den Menschen?
Tierversuchsgegner und Tierschützer kritisieren tierexperimentelle Forschung und verneinen ihre Übertragbarkeit auf den Menschen: Mäuse, Ratten und Affen seien zu unterschiedlich, sodass sich die Ergebnisse tierexperimenteller Forschung nicht auf den Menschen übertragen lassen. So unterschiedlich die verschiedenen Versuchstiere auch sein mögen, so teilen sie doch alle eine gemeinsame evolutionäre Geschichte mit dem Menschen. Deshalb kommen 95 Prozent der Gene einer Maus beim Menschen in ähnlicher Form vor, selbst bei der Fruchtfliege sind es noch 60 Prozent. Daher können Tierversuche wichtige Hinweise darauf geben, welche grundlegenden Mechanismen in der zellulären Kommunikation, Genaktivierung und Signalvermittlung in Organismen und Zellen wirken und wie verschiedene Organismen auf ihre Umwelt reagieren. Derartige grundlegende Mechanismen sind häufig über die Evolution in verschiedenen Tiergruppen einschließlich des Menschen konserviert und stellen ein wichtiges Basiswissen für die biomedizinische Forschung bereit.