Brain States for Plasticity
Imaging the architecture of memory
Unsere Forschungsgruppe will verstehen, wie Informationen im menschlichen Gehirn enkodiert und gespeichert werden, und wie verschiedene Gehirnzustände diesen Prozess beeinflussen.
Schnelle neokortikale Gedächtnisbildung
Traditionell wurde angenommen, dass unser Gedächtnis für Ereignisse und Faktenwissen von zwei speziellen Gedächtnissystemen mit unterschiedlichen, sich ergänzenden Funktionen unterstützt wird: Der Hippocampus, der schnell große Mengen detaillierter Informationen kodiert und vorübergehend speichert, und der langsam lernende Neocortex, der eine häufige Reaktivierung gelernter Inhalte durch den Hippocampus benötigt, um lang anhaltende, generalisierte Erinnerungen zu speichern. Im Gegensatz zu diesen Theorien konnten wir zeigen, dass eine Reaktivierung in Form von wiederholtem Üben bereits wenige Stunden nach dem Lernen eine unabhängige Gedächtnisspur im Neocortex hervorbringen kann. Darauf aufbauend erforschen wir die Bedingungen für diese schnelle neokortikale Gedächtnisbildung und ihre Auswirkungen auf neuronaler und Verhaltensebene. Neben der Identifizierung der wichtigsten kognitiven und physiologischen Faktoren, interessieren wir uns speziell für die Qualität der neokortikalen Gedächtnisinhalte in Bezug auf ihre Präzision, Stabilität und semantische Integration. Auf neuronaler Ebene untersuchen wir die Interaktion zwischen dem neocortikalen und dem hippocampalen Gedächtnissystem sowie die Verteilung von Informationen innerhalb des neokortikalen Netzwerks. Dabei interessieren wir uns besonders für die Beziehung zwischen multimodalen Assoziationscortizes wie dem medialen posterioren parietalen Cortex und den sensorischen Arealen, für die eine grundlegende Gedächtnisfunktion aktuell noch diskutiert wird. Wir beantworten diese Forschungsfragen, indem wir neuartige Verhaltensparadigmen mit multivariater Analyse funktioneller Hirnaktivität und mikrostrukturellen Gewebeeigenschaften kombinieren. Damit sind wir in der Lage, Gedächtnisspuren sowohl im aktiven als auch im ruhenden Zustand sichtbar zu machen.
Zustandsabhängige Gedächtnisbildung und -stabilisierung
Wir wissen, dass Schlaf eine positive Wirkung auf die Stabilisierung von neu erlernten Gedächtnisinhalten, insbesondere im Neocortex, hat. Diese Wirkung wird durch zwei komplementäre Prozesse vermittelt: Einen globalen, homöostatischen Prozess der synaptischen Renormalisierung und einen selektiven Reaktivierungsprozess, der speziell diejenigen neuronalen Verbindungen stärkt, die neu gelernte Inhalte kodieren. Gleichzeitig konnten wir kürzlich zeigen, dass Reaktivierung durch wiederholtes Üben ebenfalls neokortikale Gedächtnisspuren stabilisiert. Deshalb untersuchen wir, wie sich Erinnerungen, die in verschiedenen Gehirnzuständen reaktiviert werden, in ihrer Qualität und den beteiligten Hirnnetzwerken unterscheiden und welche neurobiologischen Mechanismen diese Unterschiede vermitteln. Neben den verschiedenen Schlafstadien bieten auch die Übergangsphasen zwischen Wachsein und Schlaf einzigartige Einblicke in das Zusammenspiel zwischen Gedächtnis und anderen Informationsverarbeitungskomponenten wie bspw. Wahrnehmung oder Reaktionsfähigkeit, da sie in diesen Phasen entkoppelt voneinander auftreten können. Mit diesem Ansatz können wir die spezifischen Gehirnmechanismen aufklären, die für eine erfolgreiche Gedächtnisbildung verantwortlich sind. Für diesen Forschungsbereich nutzen wir mobile EEG-Technologie, um natürliche Schlafbedingungen zu Hause zu ermöglichen, sowie kombinierte EEG-fMRT-Untersuchungen während verschiedener Bewusstseinszustände, um auf regionale Hirnaktivierung zu schließen.
Bildgebung menschlicher Neuroplastizität
Die funktionelle MRT ist eine nützliche Technik, um interne Repräsentationen im Gehirn abzubilden, während sie aktiviert sind. Um jedoch Rückschlüsse auf den Ort zu ziehen, an dem Gedächtnisinhalte permanent gespeichert werden, müssen wir idealerweise strukturelle Veränderungen detektieren, die auf die Entstehung oder Reorganisation neuronaler Verbindungen hinweisen. Unser Labor erforscht Möglichkeiten, diese Neuroplastizität im Menschen nichtinvasiv mit Hilfe von MR-basierten Biomarkern abzubilden. In einem ersten Schritt konnten wir bereits zeigen, dass die Kombination von funktioneller und Diffusions-MRT mikrostrukturelle Plastizität in aufgabenrelevanten Hirnregionen kurz nach dem Lernen sichtbar machen kann, die mit der späteren Gedächtnisleistung korreliert. Um einen Einblick in die neurobiologischen Prozesse zu erhalten, die diesen beobachteten mikrostrukturellen Veränderungen zugrunde liegen, erforschen wir ihren genauen zeitlichen Verlauf sowie ihre Beziehung zur funktionellen Aktivität und anderen strukturellen MRT-Indizes.